Ich habe ein so ein Ding für Horror, nicht den jeder als exzellentes Gruselereignis feiern würde, sondern für den der so mies ist, dass es schon wieder komisch ist. Low-Low-Budget-Horror mit Mega Trash-Anteil. Dennoch hielten die Alten Säcke TM es für eine gute Idee mir doch für meine letzten Ferien ein paar Horror-Spiele aufzudrücken. Ob das so eine gute Idee war?

Egal, fangen wir also an. Mit REVEIL, einem Walking Simulator zum Gruseln. Das ist gewollt doppeldeutig von mir ausgedrückt, aber dazu später mehr. Hauptschauplatz ist ein Zirkus – und natürlich gibt es dort Clowns. Tatsächlich finden wir den ersten in Form einer Puppe in Zimmer unserer Tochter. Wo sie und unsere Frau sind, wissen wir nicht. Offenbar sind sie verschwunden. Spurlos? Nicht ganz, denn wir landen ja schließlich bei den fahrenden Schaustellern und ihren Gruselzoo.

REVEIL möchte uns auf psychischer Ebene schocken. Der Horror ist daher unterschwellig, dauerhafter Begleiter. Es gibt zwar auch Jump Scares und Greepy Moments, aber die sind nur Nebengrusel. Der Horror ist also eher trocken und ernst. Also nicht ganz dass, was ich als unterhaltsam einstufen würde. Ich saß tatsächlich sehr angespannt vor der Xbox. Allerdings war eher meine Schwester der wahre Horror. Die unterbrach mein Spiel ständig und kam in den unpassenden Momenten ins Wohnzimmer. Sorry, ich schweife ab.

Wer tief in der Horror-Materie steckt, denn kann REVEIL nicht wirklich überraschen. Nahezu alles hat man irgendwo, irgendwann schon mal gesehen. Die Charaktere sind auch eher flach gezeichnet. Ich kann mich z. B. auch nicht mit dem Hauptcharakter identifizieren. Nicht weil er ein Mann ist, sondern weil er so gar keine Persönlichkeit besitzt. Jetzt werden einige schreiben, aber der ist doch gar nicht der Hauptcharakter, der Horror steht doch im Mittelpunkt. Völlig richtig, dem will ich nicht widersprechen. Allerdings wirkt guter Horror noch viel besser, wenn ich mich in die Charakteren hinein versetzten kann oder zumindest sie als eigenständiges Individuum wahrnehme. Versteht mich nicht falsch: ich meckere auf sehr hohem Niveau hier. REVEIL gehört definitiv in die Kategorie exzellentes Gruselereignis.

Außerdem bekommt REVEIL von mir noch den Lokalbonus (nicht das es den benötigen würde). Wie ich erst nach dem Spielen erfuhr, stammen die Entwickler Pixelsplit aus Frankfurt am Main. Wir sind quasi Nachbarn. Was ich auch nicht wusste: das Spiel erschien bereits letztes Jahr für den PC – und ging in meiner Bubble total unter. Schade, denn das hat es so gar nicht verdient. Ehrlich.

So ganz aus der Zeit fällt aber mein Text nicht, denn tatsächlich erschien REVEIL erst kürzlich für Konsolen. Am PC kann man aber bereits in das nächste Kapitel (Shift 87) starten, dass dieser Tage erschien. Leider schafft mein PC das nicht, sonst würde ich es nahtlos anhängen. Bin mir aber ziemlich sicher, dass da nächster Jahr auch eine Konsolenumsetzung von kommt.

Technisch hat man an REVEIL auch nichts auszusetzen. Klar, es erwartet uns keine High-End-Grafik und State-of-the-Art-Effekte. Braucht es aber auch nicht. Viel wichtiger ist, dass das Gesamtbild stimmt und noch viel wichtiger stimmig und gruselig ist. Auch mit der Soundkulisse hat man sich viel Mühe gegeben und glaubwürdige Sprecher verpflichtet. Sprecher? Gibt es etwa Sprachausgabe? JAAA!!! Untertitel gibt es aber auch. Die kann man zwar in ihrer Größe anpassen, allerdings sucht man einen Schalter zum abschalten vergeblich. Das ist Mist, denn ich brauche sie nicht und sie stören doch sehr. Noch ärgerlicher wird es, wenn man sieht, dass das Spiel ansonsten viel Möglichkeit zur Anpassung an die eigenen Spielvorlieben bietet. Ich sagte ja, man gruselt sich im doppelten Sinn bei diesem Spiel. Nun ja, lassen wir das.

Meine Meinung

Wer ein kurzes Gruselabenteuer will, ist bei REVEIL ganz gut aufgehoben. Wer eine spielerische Herausforderung will, ist hier aber total fehl am Platz. Naturgemäß geht es bei Walking Simulatoren eher gemütlich und genügsam zur Sache. Spielerische Herausforderungen sind nicht vorhanden. Wobei… kann man sich gemütlich gruseln? Man kann, mit REVEIL!