S.T.A.L.K.E.R. 2: Heart of Chornobyl

Da ist er er also endlich, der zweite Teil der Shooter-Reihe von GSC Game World. So ganz stimmt das natürlich nicht, denn eigentlich ist es bereits das vierte Spiel. Spiel 2 und 3 bezeichnet der Entwickler aber als eigenständig laufende Erweiterungen. Die Entwicklung des Spiels ist gezeichnet von vielen unvorstellbaren Hindernissen. Zunächst die Pandemie, dann der Überfall von Russland auf die Ukraine. Der Entwickler flüchtete nach Tschechien, aber einige Mitarbeiter blieben zurück und tauschten die Tastatur gegen ein echtes Surmgewehr ein, um ihre Heimat zu verteidigen. Damit verbunden sind persönliche Tragödien und Schicksale, die man sich nicht vorstellen mag.

Das S.T.A.L.K.E.R. 2: Heart of Chornobyl trotz all dem erscheinen konnte, ist dem unglaublichen Willen und das Engagement der Entwickler zu verdanken. Das muss man einfach so erst mal würdigen und dem Spiel wohl auch einiges nachsehen. Dazu gehört der technische Zustand, den man höflich nur als unfertig bezeichnen kann. Wir haben es hier also mit einem Early Access Titel zu tun, ohne dass das drauf stehen würde. Warum man das nicht klar macht, schließlich könnte das doch viele Kritiker milde stimmen?

Ein anderer Aspekt stört mich aber noch viel mehr. „It’s a Man’s World!“ sang man bei GSC Game World wohl aus voller Kehle, denn es gibt nicht eine Frau im Spiel. Das ist nur das Gegenteil von Divers, sondern absolut unrealistisch. Dieser Umstand ruiniert das Spiel für mich und lies es mich bereits von der SSD meiner Xbox Series X verbannen. Schade, denn eigentlich ist es kein schlechtes Spiel. Altmodisch und technisch überholt schon, aber eben nicht schlecht.

Irgendwie erinnert das stark an Gothic. Das ist ja ebenfalls total altmodisch und technisch überholt, hat aber dennoch eine große Fangemeinde und der Entwickler verweigerte sich auch jeder Art von Weiterentwicklung. Das hat ihm letztlich das Genick gebrochen – und auch GSC Game World scheint in diese Richtung zu steuern. Das Genre der Ballerspiele (aka Egoshooter) hat sich in den letzten 20 Jahren stark gewandelt, vielleicht sogar mehr noch als die Rollenspiele. Sich all diesen Neuerungen zu verweigern, mag zwar die eingeschworenen Fans glücklich machen, macht das Spiel aber auch weniger zugänglich für neue Zielgruppen.

Die Handlung ist spannend, die Nebenmissionen aber zu banal. Da hätte man mehr Fantasie und Abwechslung einfließen lassen können. Die Charaktere sind vielschichtig, wenn auch größtenteils eher unsympathisch. Aber das ist vielleicht auch so gewollt. Schließlich strahlt das Kraftwerk und das hat sicherlich nicht nur Auswirkung auf die Gesundheit, sondern auch den Verstand. Wir bewegen uns zwar durch eine unwirkliche und tödliche Welt, aber eine wunderschöne. Die Grafik ist State-of-the-Art, wie man so schön sagt. Auch das Ohr wird mit einer immersiven Geräuschkulisse wahrhaft umschmeichelt. Musik und Sprachausgabe gibt es natürlich auch. Letztere auch auf ukrainisch, die man mit deutschen oder englischen Untertiteln kombinieren kann. Die sind gut lesbar und lassen sich in der Größe auch anpassen.

Was weniger gelungen ist: das Interface (Menüs etc.) scheint ein Design aus der Hölle zu Grunde zu liegen. Ich kann ja verstehen, dass man altmodischen Charme versprühen möchte. Aber das bedeutet nicht gleich, dass man jede Art von Komfort und Logik aus dem Fenster werfen muss. Auch merkt man deutlich, dass das Spiel mit dem PC im Kopf entwickelt wurde. Wie es sich auf der Konsole mit einem Controller bedienen lässt, scheint im ursprünglichen Konzept keine Rolle gespielt zu haben. Deshalb ist die Bedienung auch sperrig und der Controller mit Funktionen überbelegt. Damit fühlt sich diese auch nicht intuitiv an und man muss am Anfang tatsächlich mehrmals im den Einstellungen nachsehen, wo sich welche Funktion verbirgt und wie man sie auslöst. Das ist nicht mehr nur altmodisch, dass ist einfach schlechtes Spieldesign.

Meine Meinung

Ich hätte S.T.A.L.K.E.R. 2: Heart of Chornobyl gerne gemacht und gespielt. Dafür hätte ich mich mit vielen Unzulänglichkeiten rangieren können, nicht aber mit der Undiversität (ist das ein Wort?) der Spielwelt. Für wen das aber nicht so schlimm ist, der bekommt ein strahlend altmodisches Ballerspiel – und hat sich vermutlich auch genau das gewünscht. Für Fans also hui, für den Rest eher pfui.

S.T.A.L.K.E.R. 2: Heart of ChornobylBallerspiel (Egoshooter)
Entwickler:GSC Game World
Vertrieb:Microsoft Game Studios
Systeme:PC, Xbox Series X|S
Preis:59,99 € (im Game Pass)
Link:Steam, Xbox Store

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