Tagebuch eines Fußball-Noobs

Ich mag Sport nicht. Doch noch schlimmer als mich selbst zu quälen, ist es ihn auf der Mattscheibe zu verfolgen. Während man manchen saisonalen Ereignissen (Skispringen) noch ein wenig Unterhaltung abgewinnen kann, sind gerade die großen Sportarten schwer zu ertragen. Logisch, das ich auch Sportspielen nicht viel abgewinnen kann. Warum zum Teufel tue ich mir dann nun gerade FIFA 22 an?!

Mein Neffe spielt leidenschaftlich gerne Fußball und hegt große Begeisterung für die Stars des runden Leders. Er konnte mir nicht nur auf Anhieb sagen, wer bei FIFA 22 da eigentlich auf dem Titel ist (Kylian Mbappé), sondern auch für wen er spielt (Paris Saint-Germain). Vor einigen Wochen haben wir uns zusammen das Spiel Liverpool FC gegen Manchester City auf BBC One angesehen. Obwohl sein Englisch für die Kommentare nicht ausreichte war er mit Begeisterung bei der Sache und hat sich sogar Notizen gemacht. Soviel Enthusiasmus muss belohnt werden, weshalb ich bei einer Aktion FIFA 22 für ihn eingepackt habe. Und damit ich nicht so blöd dastehe, wollte ich eben auch mal reinspielen…

Ist Fußball selberklärend?

Nach der Installation wirft einen FIFA 22 direkt in ein Spiel. Dabei handelt es sich zwar irgendwie um eine Spieleinführung, aber nicht um ein Tutorial. Mit keinem Wort wird einem die Bedienung oder die Regeln erklärt. In der Box findet sich neben dem Datenträger nur Werbung. Anleitung? Fehlanzeige!

Es ist nicht so, als hätte ich nie ein Fußball-Videospiel gespielt. Vor allem MicroProse Soccer habe ich mit Ausdauer und Hingabe auf meinem Commodore 64 gespielt. Später habe ich dann auch mal FIFA 95 angespielt. Kein Ding, damals gab es noch Anleitungen und das Spiel war übersichtlich!

FIFA 22 lässt mich aber komplett im Regen stehen und erschlägt mich mit Funktionen, die doch niemand braucht. EA Sport hat wohl schon lange entschieden das Gelegenheitsspieler auf die Ersatzbank und Noobs wie ich allenfalls ins Publikum gehören…

FIFA 22 will ständig nach Hause telefonieren

Der Ärger will einfach nicht aufhören. Ständig werde ich vom Spiel gefragt, wer ich bin und muss mein Spielerprofil quasi bei jedem Menüpunkt neu auswählen. Im Anschluss will das Spiel dann eine Verbindung zu den EA Servern aufbauen. Da ich die Konsole offline geschaltet habe, klappt das nicht. Anstatt sich aber die Info aus den Systemeinstellungen zu besorgen, nervt es bei jedem Schritt mit seinem Gejammer nicht nach Hause telefonieren zu können. Eine Funktion, den Online-Wahn Einhalt zu gebieten, gibt es nicht.

Warum man eine Internetverbindung braucht, wenn man doch nur mal schnell solo oder im Couch-Koop eine Partie spielen will, erschließt sich mir nicht. Sicherlich mag das Sammeln von Daten für die Weiterentwicklung des Spiels hilfreich sein. Es ist allerdings nicht in Ordnung, dies seinen Kunden quasi aufzuzwingen. Ja, FIFA 22 funktioniert auch offline, wenn man geduldig die Fehlermeldungen immer wieder wegdrückt. Doch irgendwann ist man davon so genervt, dass man das Netzwerkkabel frustriert wieder ansteckt.

Was zum Ballermann sind Volta Fußball und Ultimate Team?

Ich will doch nur mal eben das Leder über den Rasen kicken! FIFA 22 will aber das ich mir hippen Fußball-Scheiß antue. Volta Fußball und Ultimate Team – was ist das? Irgendwas mit Straßenfußball und Fantasieligen. Was bitte hat das mit dem klassischen Fußball zu tun? Ich weiß, ich bin Noob und verstehe das sowieso nicht, aber selbst mein Neffe kann mir nicht erklären für was man den Mist braucht!

Doch dann bin ich mehr zufällig über den Karrieremodus gestolpert. Der erlaubt es nicht nur eine solche als Spieler zu machen, sondern auch in die Rolle der Managers zu schlüpfen. Steckt ist FIFA 22 vielleicht gar ein richtiger Fußball Manager?! Nun, mit dem guten alten Anstoss mag er nicht konkurrieren können, aber motivierend ist er allemal. Vielleicht tauge ich ja mehr zum Taktiker am Spielfeldrand…

Inszenierung? Erste Sahne!

Man kann FIFA 22 ein Match ohne Spielerbeteiligung austragen lassen. Dabei lässt sich gut beobachten, welche aufwendige Simulation dahinter steckt. Jeder Spieler ist mit individuellen Werten und Strategien erfasst und die KI interpretiert diese sehr realitätsnah. An der Technik gibt es nichts auszusetzen.

FIFA 22 weiß seine Matches in Szene zu setzten und sieht verdammt gut aus. So gut, dass man es durchaus mit einer TV-Übertragung verwechseln kann. Zur perfekten Atmosphäre gehören natürlich auch die bekannten Kommentatoren und die Station-Akustik. Hier kann FIFA 22 auf ganzer Linie überzeugen. Dagegen ist die Wahl der Musik im Spiel definitiv nichts für mich. Hip Funky Hop Pop – Nee, da tuen die Ohren echt weh! Wie gut, dass sich über Geschmack nicht streiten lässt!

Finale: TOOOOOOR!!!!!

Nach gefühlt stundenlangen herum Geklicke in den Menüs, habe ich es dann doch noch geschafft, mir die grundlegende Steuerung beizubringen und ein Match gewagt. Natürlich Wales gegen England, welches ich 1:6 verloren habe. Aber hey, ich habe doch glatt ein Tor geschossen. Ein TOOOR!

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