Selektion im Händlerregal

Spielerinnen und Spieler sind bequem und faul. Kein Wunder also, dass der Vertrieb von Spielen zu einem immer größeren Teil digital stattfindet. Diese Entwicklung aber alleine auf die Käufer zu schieben, wäre aber dann doch mehr als unfair. Auch die Hersteller haben ein großes Interesse daran, schließlich kann man so den Mittelmann (Handel) und Produktion einer physischen Version einsparen. Es bleibt also mehr Geld beim Entwickler hängen.

In den meisten Fällen klappt das auch. Manchmal aber auch nicht, wie das Beispiel von Alan Wake II zeigt. Das verkaufte sich nämlich schlecht und Remedy hat kaum die Entwicklungskosten dafür eingespielt. Mit ein Grund dafür dürfte der Verzicht auf eine Box im Händlerregal gewesen sein. Denn das sorgte auch dafür, dass große Online-Versender das Spiel nicht im Sortiment hatten. Damit war es auch nicht so präsent und sichtbar. Auch schließt man so Impulskäufe quasi gänzlich aus. Die findet online nämlich nicht statt. Wenn man aber am Spielregal beim Elektromarkt seines Vertrauens vorbei schlendert, landet oft das eine oder andere Spiel im Korb obwohl man vielleicht nur einen Pack Batterien kaufen wollte. Ich spreche da aus Erfahrung…

Bei Remedy hat man das inzwischen auch eingesehen und wird im Herbst Alan Wake II endlich auch in physischer Form veröffentlichen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich es mir dann auch holen werde, sei es nur um es neben den ersten Teil ins Regal zu stellen.

An dieser Entwicklung sind aber auch die Konsolenhersteller beteiligt. Sie bieten mit reinen digitalen Exemplaren ihrer Plattformen oft auch gar keine Möglichkeit mehr physische Spiele zu verwenden. Da hat man dann gar keine Wahl als im jeweiligen Online-Store einzukaufen, wo man auch den Preis diktieren kann. Schnäppchen machen im Gameshop um die Ecke ist so natürlich ausgeschlossen. Sony und Nintendo fahren deshalb zweigleisig und werden das wohl auf absehbare Zeit auch weiterhin tun. Schließlich wäre man ja schön doof, wenn man da einen Teil der potentiellen Käuferschaft ausschließen würde.

Microsoft sieht das anders. In deren Strategie steht das digitale Spieleabo Game Pass im Zentrum und man versiert den digitalen Vertrieb für Konsolen- und PC-Spiele. Das unterstreicht man mit zwei neuen, rein digitalen Konsolenvarianten der Xbox Series X|S, während man die mit Laufwerk als Special Edition betitelt und so auf deren Abweichung von der Norm verweist. Der Handel unterstützt inzwischen indirekt diese Entwicklung. So musste auch in meinem Elektronikmarkt das Regal mit Xbox-Spielen inzwischen von prominenter Position (neben Sony und Nintendo) weichen und findet sich jetzt zwischen verstaubten Einzelexemplaren von PC-Spielen und Ramschware, fast so als würde man sich schämen, die überhaupt noch zu führen.

Da wundert es dann auch kaum, wenn besonders kleinere Produktionen und Indie-Titel in physischer Form gar nicht mehr für die Xbox erscheinen, während für Playstation und Switch sehr wohl solche aufgelegt werden. Gänzlich auf Xbox-Spieler verzichten will man dann aber offenbar auch nicht, so dass man die meisten Spiele durchaus digital erwerben kann. Natürlich kann ich das schon nachvollziehen. Gut heißen tue ich das aber freilich nicht und boykottiere inzwischen solche Produkte. Ich befürchte aber, an diesem Trend wird sich nichts mehr ändern lassen.

Das der Game Pass keine Allerheilsmittelchen ist, hat man bei Microsoft inzwischen auch kapiert. Die Abonnentenzahl steigt nämlich schon lange nicht mehr und ist aktuell sogar rückläufig. Nicht ganz unschuldig daran dürfte ich neue Preisgestaltung sein. So hat man das Ultimate-Abo in den vergangenen zwei Jahren von 12,99 € auf 17,99 € im Monat verteuert. Das sind im Jahr 60 € mehr, was so manch einer nicht einfach aus dem Ärmel schütteln kann oder will. Das Abo kostet also regulär knapp 216 € im Jahr, was in etwa den Kaufpreis von drei Spielen entspricht. Wenn es sich dabei um Spiele wie Starfield, Diablo IV und Age of Empires IV handelt, dann ist die Freizeit wohl schon verplant. Die restlichen Spiele im Abo würde man höchstens mal anspielen. Aber auch das geht inzwischen bei immer mehr Titeln auch ohne Game Pass mit einer kostenlosen Demo. Da wird die Luft für das Abomodell schon sehr dünn.

Okay, so ganz stimmt das nicht. Besonders bei den beiden letztgenannten Titeln braucht man das Abo zwangsweise, denn sonst kann man nicht mit seinen Freunden spielen. Aber hierfür würde das Core-Abo ausreichen. So mag dieses plus Spielkauf in manchen Fällen die günstigere Variante sein. Diese Rechnung geht beispielsweise auf, wenn man nur Call of Duty spielen will. Wenn man sich dann noch die physische Version beim (Versand-)Händler kauft, kann man meist auch noch ein paar Euros sparen oder bekommt ein Extra dazu. So habe ich bei Dragon’s Dogma 2 nicht nur fast 15 € gespart, sondern bekam ein schickes Steel Book noch dazu. Ein weiteres Bonus war, dass ich ein paar nette Menschen getroffen habe, mit denen ich gute Gespräche führen konnte. So was ist beim Einkauf von der Couch aus eher unwahrscheinlich…

LordJohn75

Spieleveteran, Medien-Guru und Eisenbahn-Romantiker. Xbox Ambassador und Insider. Schreibt das E-Mail-Magazin spielenswert und ist ein Teil der Pixelspieler.

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Ein Gedanke zu “Selektion im Händlerregal

  1. @seite Vor dem Klick auf den Link dachte ich es ginge um die vielen wirklich sehr ähnlich aussehenden Cover.

    – Einzelne Person mit Schwert oder großer anderer Waffe
    – Eher düstere Stimmung
    – Arme leicht ausgebreitet
    – Wenig andere Details zu erkennen

    😅

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